„(armin fischer/t&t)“:http://www.frauen-buch.de/der-autor/
Ein Kuss sagt mehr als tausend Worte. Er ist das ideale Transportmittel für Zuneigung und Liebe, und dabei mindestens genauso magisch und undurchschaubar, wie die Liebe selbst. Denn obwohl wir (hoffentlich) alle küssen, weiß keiner so genau, warum wir das eigentlich tun. Auch die Wissenschaft kennt die endgültige Lösung nicht, aber es gibt verschiedene Theorien:


1. Sigmund Freud, der große Psycho-Pionier, führte den Kuss auf das Saugen des Babys an der Mutterbrust zurück. Dieses sei für das Kind so ein lustvolles Erlebnis, dass der herangewachsene Mensch diesen oralen Kontakt auch später immer wieder herstellen möchte: mittels des Kusses.
2. Anders sieht es der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt, dessen Theorie zu Folge der Kuss ein Überbleibsel früherer Mund-zu-Mund-Ernährung ist, die man bei vielen Tierarten beobachten kann. Der Forscher entdeckte diese Art der Fütterung des Nachwuchses sogar bei einigen menschlichen Volksstämmen, etwa bei den afrikanischen Himba.
3. Wieder anders leitet die Kulturwissenschaftlerin Ingelore Ebberfeld das Küssen ab: für sie hat der Kuss eine große Geruchskomponente und sie sieht ihn im Zusammenhang mit dem Verhalten vieler Säugetiere, sich zu „beschnüffeln“, insbesondere im Analbereich und an den Genitalien. Da der „passende Geruch“ ein entscheidendes Kriterium bei der Partnerwahl ist, habe dieses Verhalten einen absolut plausiblen und logischen Hintergrund. Nur: beim Menschen sei – durch den aufrechten Gang – das geruchsmäßige Abtasten eben (zum Glück) etwas weiter nach oben gerutscht: zum Kuss.
Ich glaube, dass diese möglichen Wurzeln des Kusses kein entweder – oder darstellen, sondern sich ergänzen. Genau wie die Liebe selbst hat auch der Kuss eine biologische und kulturgeschichtliche Entwicklung hinter sich, die ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist. Die entscheidende physiologische (körperliche) Rolle spielt dabei sicher das „sich Beschnuppern“, also das unbewusste Abtesten der Antikörper des Gegenübers im Hinblick auf optimale Nachkommenschaft. Darüber hinaus hat aber ein „richtiger“ Liebeskuss heute so zu sein, wie man ihn aus tausenden Filmszenen und Romanen kennt. Er ist also auch ein gelerntes Symbol, unabhängig von den körperlichen Reaktionen und Funktionen.
Nun, die Wissenschaft kann zwar nicht eindeutig sagen, wie sich das Küssen entwickelt hat, aber jeder weiß aus eigener Erfahrung, wie mitreissend ein Kuss sein kann: Schmetterlinge im Bauch, Hitze im Körper, weiche Knie. Und mehr davon! Ein Kuss verlangt immer nach mehr.

Küssen schaltet die Geschlechtsorgane zumindest auf Phase „gelb“.
Diese Reaktionen lassen sich heute auch durch die High-Tech-Sensoren der Biologen und Mediziner messen: Das limbische System – unsere Gefühlszentrale – signalisiert beim Küssen Lust, die Hypophyse, eine mächtige Hormonfabrik im Gehirn, überflutet den Körper mit Botenstoffen, und die Nebennieren pumpen Adrenalin ins Blut. Der Puls steigt und Hoden und Eierstöcke produzieren Sexualhormone en masse. Das alles geht mit einem allgemeinen Glücksgefühl, verursacht durch die körpereigene „Droge“ Dopamin einher. Kurz gesagt: Bei einem innigen Liebeskuss geht es richtig ab! Darum ist intensives Knutschen nicht selten die Vorstufe für Sex. Und auch ein probates Mittel, um Richtung Bett zu kommen, selbst wenn das gar nicht so geplant war.
US-Forscher fanden heraus, dass die Sache mit dem „Austausch von Körperflüssigkeren“ nicht nur so daher gesagt ist, sondern tatsächlich stimmt: So übertragen Männer bei einer ausführlichen Kussorgie ein gute Portion ihres Sexualhormons Testosteron an die Frau und steigern dadurch auch deren Libido. Denn Testosteron putscht auch Frauen sexuell auf. Im Gegenzug – und das scheint bei längerfristigen Beziehungen eine Rolle zu spielen – überträgt eine Frau ihre Östrogene und Oxytocine auf den Mann – und zähmt ihn dadurch.
Dazu passt eine Befragung der Forscherin Ebberfeld: Danach würden 63 Prozent der Frauen lieber auf Sex als auf den Lippenkontakt verzichten – allerdings nur 37,3 Prozent der Männer. Für die Frau, so Ebberfeld, sei die Berührung der Lippen eine „vertrauensbildende Maßnahme“ und ein Gefühlsbarometer ihrer Partnerschaft. Männer dagegen setzten den Kuss auch mal gern „zielgerichtet als Vorbereitung zum Sex“ ein.
Und hier noch einige Info-Schnipsel zum Kuss (aus Wikipedia):
– Zwei Drittel aller Menschen drehen beim Küssen ihren Kopf nach rechts.
– Küssen ist alt: Neben dem Menschen sind Bonobos und Orang Utans, und gelegentlich Schimpansen die einzigen Säugetiere, bei denen Zungenküsse beobachtet wurden. Allerdings küssen sich Affen eher selten, und auch nicht in Paarungsabsicht, sondern zum Beispiel als Versöhnungsgeste nach einem Streit.
– Der laut Guinness-Buch der Rekorde (online-Version) längste Kuss der Welt fand vom 6. Juli zum 7. Juli 2005 in London zwischen James Belshaw und Sophia Severin statt und dauerte 31 Stunden, 30 Minuten und 30 Sekunden. – Wow!
Buchtipp:
Ingelore Ebberfeld: Botenstoffe der Liebe: Über das innige Verhältnis von Geruch und Sexualität, Lit-Verlag 2005
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